Geschichte

Geschichte

Auf einem Spaziergang durch Quedlinburg kommt man vom Steinweg in die Straße “Pölle”. Dort steht an der Ecke GutsMuths-Straße ein prunkvoller zweigeschossiger Bau. Die Fassade hat eine große Ähnlichkeit mit einer Schlossfassade und hat eine reiche Stuckfassade besonders im Fensterbereich, aber auch am oberen Sims unter der Traufe. Die Fassade des Untergeschosses ist in Quaderputzmauerwerk ausgeführt und hat drei Vordergiebel. Im Untergeschoss befinden sich ein Toreingang, zwei Eingangstüren und vier große Fenster. Alles wurde mit einem Rundbogen versehen. Das Gebäude wird von den Quedlinburgern “Kaiserhof” genannt und hat die Hausnummer Pölle 34. Die Fassade vom Obergeschoss hat Quaderputz- und gelbes Klinkermauerwerk. Wann wurde dieses Gebäude gebaut, welche Aufteilung hat das Objekt und wie wurde es im Laufe der Jahre genutzt?

Das neue Gebäude wurde 1894/1895 erbaut und die ehemaligen Hintergebäude teilweise integriert. Zuvor stand an dieser Stelle ein anderes Haus, von diesem wird später noch berichtet. Da die Straße Pölle an dieser Stelle sehr schmal war, wurde der Neubau von der ehemaligen Straßenfront vier Meter nach hinten versetzt. Leider werden die jetzt im Hauptgebäude befindlichen Räume nicht mehr genutzt.
Früher wurden im Untergeschoss des Neubaus drei Räume mit ca. 120, 80 und 60 qm als Kaffee- und Speiseräume eingerichtet. Der kleinere Raum wurde später als neuer Eingang für den Saal und für Garderobe umgebaut. Neben diesen Räumen wurden noch zwei andere Räume als Gaststätte mit ca. 100 qm genutzt. Vom Flur aus führt eine schöne breite Treppe ins Obergeschoss. Hier befinden sich der Rokokosaal, mehrere Nebenräume und der ehemalige Saal einer Loge mit Wandmalereien. Dieser Saal wurde auch Halle genannt. Am 20.07.1895 erfolgte die Hallenweihe und Instituierung der hiesigen Zwergloge des Independent Order of OddFellows statt. Diese Loge hatte wahrscheinlich ihren Ursprung in England und wurde 1870 in Deutschland eingeführt. Professor John Morse hatte diese Loge als erste am 1. Dezember 1870 in Stuttgart eingerichtet. Devise des Ordens: Freundschaft, Liebe und Wahrheit
Die meisten Räume in dem Objekt waren mit wundervollen Stuckarbeiten versehen. Noch sehr gut erhalten hat sich dieser Stuck im Rokokosaal. Hinter dem Hauptgebäude befindet sich der große Saal. In einer Anzeige im Quedlinburger Kreisblatt wurde am 20.10.1895 mitgeteilt, “dass im November entsprechend der Neuzeit der große Kaisersaal fertig gestellt wird und veranstalte ich darin die Wintersaison”. Zur Einweihe werden von der Kapelle des Inf. Reg. Prinz Louis Ferdinand von Preußen drei Sinfonien und drei Walzer von Strauß gespielt. Das Einzelbillet kostet 75 Pfennig. Unterzeichnet mit Robert Kunze.
Weiter finden wir in der Zeitung einen Hinweis, dass am 27.11.1895 im Kaisersaal bei der Anbringung von Bildern ein Gerüst mit acht Personen umstürzte und drei Personen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Wahrscheinlich waren es die Bilder von Wilhelm I., Friedrich III., Wilhelm II. und der auf rotem Samt gemalte Reichsadler, die sich im Kaisersaal auf der linken Seite in den Nischen befanden und 1945 entfernt wurden.

Auch zum 1. und 2. Weihnachtsfest 1895 wurde zum großen Konzert eingeladen. Der Eintritt kostete 50 Pfennig, Veranstalter war Robert Kunze.
Eine weitere Annonce finden wir von einer “Concert-Gesellschaft” im Quedlinburger Kreisblatt von 1895: “Großer Weihnachtsball am 27. Dezember 1895, das Kinderfest beginnt 6 Uhr, gez. Der Vorstand”. (natürlich ist damit 18 Uhr gemeint)

Den großen Saal erreichte man früher über einen separaten Eingang auf der rechten Vorderseite des Gebäudes. Dieser wird heute nicht mehr benutzt. Durch den hohen gewölbten Gang, von drei Meter Breite, kam man direkt in den Saal aber auch in die Räume vom Kaffee. Am 25.11.1895 wurde dieser Eingangsbereich der Öffentlichkeit übergeben. Der Bereich der Tür vom Eingangsportal wurde mit Stuckelementen versehen. Die schon erteilte Schankerlaubnis für Herrn Kunze wurde für den Saalbereich erweitert. Aber schon am 01.10.1896 wurde dem Samenhändler August Gebhardt und Julius Werner für das Restaurant “Kaiserhof” die Gewerbeerlaubnis erteilt. Aus dem Kopfbogen eines Schreibens vom 19. Mai 1896 von August Gebhardt kann man erkennen, dass Herr Gebhardt auch eine Kunst & Handelgärtner-Samenhandlung führte und das Restaurant Kaiserhof zu dieser Zeit eine Gesellschaft m. b. Haftung war.
Schon im August 1894 wurde von August Gebhardt und Max Behrens eine Zeichnung eingereicht für einen Übergangssteg von der Straße “Damm” zur Garteninsel. Der Steg sollte über den Freigraben führen. Der Freigraben wurde vom Mühlengraben gespeist und der Abzweig befand sich flussaufwärts bei der jetzigen GutsMuths-Brücke. Die Garteninsel gehörte zur ehemaligen Städtermühle “Zwischen den Städten” und von dort gab es schon einen Steg über den Mühlengraben zum Kaiserhof. Die Reste der Mühle “Zwischen den Städten” sind heute noch sichtbar.
Jedoch gab es vom Damm aus keinen Steg über den Freigraben und die Besucher des “Kaiserhofes” konnten nur von der Pölle zum “Kaiserhof” gelangen. Durch den Bau des Steges konnte man gleich den wunderschönen Garten erreichen. Im Führer durch Quedlinburg von 1897 finden wir auf der Rückseite eine großflächige Anzeige. Hier steht: Großes sehenswertes Etablissement Quedlinburgs, feines Wiener Kaffee, 3 Billardsäle sehenswerte Ball- und Konzert-Säle, schöner schattiger Garten mit Veranda und Kegelbahn. Vier Biersorten und Wein im Angebot.
Gebaut sollte der Steg aus Holz eine Länge von ca. 7 Meter und eine Breite von 1,50 Meter besitzen. Zur Absicherung sollte ein Geländer aus senkrechten Holzlatten angefertigt werden. Zur damaligen Zeit war schon vom Steinweg aus die rechte Seite vom Damm bis zur Hausnummer 17 (1705) bebaut, Nr. 17 ist heute abgerissen. Weiter konnte nicht gebaut werden, da gleich danach der Freigraben vorbeifloss. Vom Haus 17 sollte der Steg nach 36 Metern den Freigraben überqueren.
Im Damm gab es keinen Durchgangsverkehr. Heute befindet sich auf dem Grundstück der Garteninsel das Hallenbad (Einweihung am 1. Oktober 1903). Jedoch gab es damals bei der Errichtung des Hallenbades mit dem Baugrund große Schwierigkeiten. Der Freigraben musste wegen dieser Bautätigkeit zugeschüttet werden. Die Einfriedung vom Hallenbad auf der Dammseite steht im Flussbett vom ehemaligen Freigraben.
Was wissen wir eigentlich von der Straße “Damm”. Der Name wurde schon im 14. Jahrhundert erwähnt. Das Gelände vom Damm war eine sumpfige Stelle und lag sehr tief. Um diese Stelle zu erhöhen und zu befestigen, wurde vom Magistrat angeordnet, dass aller Schutt dort angefahren werden musste.
Natürlich gab es für so ein großes Gebäude wie der “Kaiserhof” für die Besucher auch Sicherheitsbestimmungen. So wurde gemäß eines Schreibens von der Polizeiverwaltung vom 6. Mai 1899 an August und Wilhelm Gebhardt die Anzahl der Personen bei Veranstaltungen im Saal auf ca. 800 begrenzt. Später änderten sich aber diese Zahlen. Eine weitere Bestimmung gab es z. B. für den großen Kronleuchter. So wurde eine extra Statik zur Aufhängung gefordert. Strenge Sicherheitsbestimmungen gab es bei der Gasbeleuchtung. Die offenen Gasflammen mussten durch Drahtgeflecht, Glasglocken oder Glasscheiben ummantelt werden. Die Stoffvorhänge auf der Bühne und in den anderen Räumen mussten gegen Feuer mit Feuerschutzmitteln imprägniert werden und dieses alle drei Jahre wiederholt werden. Wichtig für die erlaubte Anzahl der Gäste in den Räumen waren: die Größe der Räume, Anzahl der Türen und Notausgänge sowie die Breite der Treppen. Bei der Bestuhlung gab es strenge Auflagen, wie Abstand der Reihen und die Befestigung der Stühle untereinander. Es gab viele Beanstandungen von der Feuerwehr und der Polizei in den Jahren. Der Saal des “Kaiserhofes” wurde in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg lebhaft für verschiedene Festlichkeiten genutzt.
In der Zeit des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) wurde im „Kaiserhof“ ein Kriegslazarett eingerichtet. Ob der Kaiserhof gleich nach dem Krieg wieder eröffnet wurde, kann nicht gesagt werden. Nur soviel ist bekannt, dass August Gebhardt am 14. Oktober 1919 gestorben ist und Frau Hermine Gebhardt, geb. Sachtleben am 28. Oktober 1919 den Antrag und Erteilung der Gewerbeerlaubnis für das Restaurant „Kaiserhof“ stellte.
Auch für das Jahr 1921 finden wir von der Polizei festgelegte Sicherheitsvorschriften für Veranstaltungen im Kaiserhof. So liegt ein Schreiben der Polizeiverwaltung vom 8. Dezember 1921 vor, welches die zulässige Besucherzahl in den Räumen des „Kaiserhofes“ vorschreibt. Demnach dürfen sich im großen Saal 674 und auf der Galerie 445 Personen aufhalten. Da aber die vorhandenen Türen und Treppen nicht die benötigte Breite aufweisen, wurde die Personenzahl auf insgesamt 1013 reduziert. Im Vorderhaus waren im Erd- und Obergeschoss 642 Personen zugelassen.

Auf einer Grundrisszeichnung vom 9. Januar 1922 vom „Kaiserhof“, von Frau Hermine Gebhardt eingereicht, befinden sich alle Räume des Erdgeschosses. So befindet sich auf der Zeichnung auch die Veranda die am großen Saal angebaut wurde. Die Veranda hat eine Größe von 36 x 4,60 Meter, mit Fenstern und einer drei Meter breiten Tür, die auch als Notausgang für den Saal dienen sollte. Von der Veranda aus kam man auf eine befestigte Freifläche. Hinter der Veranda, wo heute der Umkleideraum für die Darsteller der Bühne liegt, befanden sich die Räume der Kegelbahn und der Konditorei. Von hieraus ging die Kegelbahn in den Garten, Richtung Mühlengraben. Über diese Bahn wurde der Musikpavillon errichtet. Der Pavillon hatte die Maße 8,00 x 6,30 Meter, gleich daneben Richtung Wasser, befanden sich die Außentoiletten für die Besucher des Gartens. Im Garten befanden sich eine Tanzfläche und ein Springbrunnen.

In der Zeitung „Der Ostharz“ finden wir einen Artikel, dass am 9. bis 12. Mai 1925 in allen Räumen des „Kaiserhofes“ die erste Quedlinburger Frühjahrsmesse stattgefunden hat. Sie wurde von den selbständigen Einzelhändlern und vom Innungsausschuss durchgeführt. 90 Aussteller stellten ihre Qualitätsware aus. Die Messe wurde von 15.000 Personen besucht. Mit der Messe wurde der Beweis erbracht, dass nicht immer in der Großstadt ein Einkauf nötig ist. Einen weiteren Hinweis finden wir, dass der 14. Deutsche Esperantokongress am 2. Juni 1925 im Kaiserhof stattfindet sowie vom 11. bis 14. Oktober 1925 das Jahresfest des Evangelischen Kirchenmusikvereins für die Provinz Sachsen.

Da die alte Kegelbahn den Ansprüchen nicht mehr diente, wurden Überlegungen getroffen, eine neue Anlage zu errichten. Wie immer fehlte es hier am nötigen Kleingeld und dem Standort. Im Februar 1926 wurde von der Firma Schlamann, Spezialfirma für Sporthallen und Kegelbahn-Bau, eine Zeichnung für den Bau einer neuen Kegelsporthalle auf dem Gelände hinter dem „Kaiserhof“ (Garten) eingereicht. Auftraggeber war die Deutsche Keglerverband-Ortsgruppe Quedlinburg e. V. Die Kegelhalle sollte parallel zum Mühlengraben gebaut werden, eine Länge von 44 x 12 Metern haben und mit drei langen und drei kürzeren Bahnen ausgestattet werden (30 und 25 Meter). Um für diese Halle den benötigten Platz zu haben, muss der Musikpavillon abgerissen werden. Der Preis dieser Halle lag bei etwa 30.000 Mark. Am 16. September 1926 wurde der Rohbau fertig gestellt und die Einweihung der Bundeskegelbahn erfolgte am 15. Oktober 1926. Die Gewerbeerlaubnis wurde dafür Hermine Herzberg, verw. Gebhardt erteilt. Die Freude an dieser schönen Kegelhalle dauerte leider nicht lange, denn gleich nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 wurde die Kegelhalle beschlagnahmt. Die Kegelanlagen wurden beseitigt und vom Gesundheitswesen eine Desinfektionsanstalt (für z. B. Entlausungen usw.) eingerichtet. Den benötigten Dampf lieferte die Badeanstalt. Der Abbruch erfolgte 1970/71, da von der Kegelhalle zu dieser Zeit nur noch die Außenwände standen. Vor dem Abbruch gab es noch erhebliche Streitigkeiten, wer die Abbruchkosten tragen sollte, da der Grund und Boden Herrn Dr. Klumpp gehört.
Die Stadtverwaltung teilte der Firma Restaurant „Kaiserhof“ GmbH in den Jahren 1929 und 1930 mit, dass die Bühne im großen Saal für Veranstaltungen freigegeben werde, wenn bei jeder Veranstaltung immer zwei Feuerwehrmänner rechtzeitig angefordert werden, diese aber durch den Veranstalter bezahlt werden müssen. Vom 27. Dezember 1929 bis 14. Januar 1930 standen 10 Veranstaltungen an. Nur einige sollen hier genannt werden: Neustädter Kirchen-Gesangverein, Männer-Gesangverein, Konzertgesellschaft, Schützenverein Freischütz, Casino Gesellschaft, Militärverein, Theater und Liedertafel.

Seit August 1930 besaß die Gewerbeerlaubnis Paul Hoffmeyer. Um diese Erlaubnis zu erhalten, wurde gefordert: dass der Wirt zuverlässig sei, nicht dem Trunk ergeben, darf nicht der Forderung der Schlemmerei Völlerei, Glücksspiel, Hehlerei, unlautere Handelsgeschäfte, Unsittlichkeit, Ausbeutung unerfahrener Leichtsinniger und gesundheitliche Schädigungen jugendlicher Personen Vorschub leisten sollte.
Es liegt ein Schreiben vom 13.August 1932 vor, dass das Grundstück „Kaiserhof“ durch Zwangsversteigerung an die Sparkasse übergegangen ist und sich dort eingerichtet hat (19. November 1932). Das Pachtverhältnis mit Paul Hoffmeyer lief zum 1. April 1933 aus, wurde aber für die Witwe Hoffmeyer verlängert. Die Ehefrau vom Kaufmann Paul Hoffmeyer war zuvor Besitzer des „Kaiserhofes“. Auch die dem Ballenstedter Schaupielensemble erteilte Theaterkonzession läuft zum 1. Mai 1933 aus. Da bis jetzt wöchentlich eine, auch mehrere Theateraufführungen bei fast stets ausverkauftem Hause stattfinden, mussten im feuer- und sicherheitspolizeilichen Interesse die Vorschriften für Volltheater in Anwendung gebracht werden. Der Betreiber sollte dafür sorgen, dass die neuen Vorschriften eingehalten werden.

Am 1. Juli 1935 kaufte der Gastwirt Carl Baake aus Halberstadt den „Kaiserhof“ von der Sparkasse Quedlinburg und erhielt die Gewerbeerlaubnis. Gleich nach dem Kauf beantragte Carl Baake den Umbau von Wirtschafts- und Toilettenräumen. Dazu waren umfangreiche Arbeiten am Kanalnetz erforderlich. Im Kaisersaal am 18. Dezember 1935 zu einer Festveranstaltung des Jungmadelringes waren auf der Brüstung überall brennende Kerzen ohne Sicherung aufgestellt. Dazu waren noch alle Notausgänge zugestellt. Ein Schreiben von der Ortspolizei ging an alle Veranstalter, um die Ordnung und Sicherheit bei allen Veranstaltungen einzuhalten.

Von Carl Baake wurde im Juni 1937 der Umbau des „Braustübel und Altdeutschem Zimmer“ angezeigt. In diesen Räumen sollten die Decken abgesenkt werden. Im „Braustübel“ wurden die Wände mit Rauputz und das andere Zimmer mit Altdeutschem Kellenputz versehen. Die schönen schmiedeeisernen Wandleuchter fertigte ein Kunstschmied aus dem Goslarer Raum an. Der große schmiedeeiserne Adler mit dem Quedlinburger Wappen wurde vom Kunstschmied Wolfskampf aus Quedlinburg angefertigt. Dieser Kunstschmied hatte damals seine Werkstadt in der Reichenstraße 39. Die Veränderungen in diesen Gastzimmern sollen nach Inspirationen von Ulrich Velten erfolgt sein. Die schönen bleiverglasten Fenster zur Strasse mit 10 Motiven sowie das Bleifenster zur Hofseite mit dem Motiv der Blumenflora fertigte die Quedlinburger Firma Müller an. Am Haupteingang wurden an beiden Seiten neue Leuchten angebracht sowie über dem Eingang ein schmiedeeiserner Wandarm mit Laterne. Weiterhin befestigte man über den Eingang ein Schriftzug „Kaiserhof“ mit 30 cm großen eisernen Buchstaben.

Am 2. September 1939 bis 1945 wurde der Kaiserhof vom Staat beschlagnahmt und vom Militär als Mobilmachungsobjekt eingerichtet. Die Räume der „Altdeutschen Gaststube“ wurde weiter als Gaststube genutzt. Pächter war vom 01.07.1941 bis 1946 Paul Trettin.
Gleich nach dem Krieg wurde das Objekt zurückgegeben. Leider wurden während der Beschlagnahme keine Reparaturarbeiten durchgeführt. In einem Schreiben vom 2. April 1946 von Carl Baake an das Hochbauamt erbat er für die Reparatur des Daches vom Saal 50 Rollen Dachpappe und fünf bis sechs Kubikmeter Holz, leider ohne Erfolg.
Die Gebrüder Schattenberg hatten am 1. Juli 1946 das Gaststättengrundstück vom Großvater Carl Baake bekommen. Für den Gaststättenbetrieb erhielt Eberhard Schattenberg die Gewerbeerlaubnis. Weil der Name „Kaiserhof“ verschwinden musste, führte das Objekt jetzt den Namen „Sachsenhof-Gaststätte“, Besitzer: Gebr. Schattenberg.
In den Jahren 1946/47 wurde im Obergeschoss der Rokokosaal für Umsiedler beschlagnahmt. Natürlich war so ein schöner kleiner Saal mit feinen Stuckarbeiten und Fresken von Professor Bert Heller an der Wand nur eine Notunterkunft. Das hiesige Schillings-Theater wurde auch als Lichtspielhaus genutzt. Natürlich gab es dadurch auch Reibereien und Ulrich Velten (Intendant des Quedlinburger Theaters) suchte darum Räume, wo künftig Werke des Sprechtheaters aufgeführt werden konnten. Ulrich Velten war mit der Familie Schattenberg befreundet und schlug der Familie vor, den Rokokosaal für ein kleines Theater zu nutzen. Ein Mietvertrag zwischen den Gebr. Schattenberg und dem Rat der Stadt Quedlinburg wurde abgeschlossen. Das Theaterleben hatte sich in Quedlinburg seit seiner Gründung sehr gut entwickelt und hatte eine positive Bilanz. Die Wahl viel so auf den Rokokosaal. Die Familie Schattenberg stand hinter dem Vorschlag von Ulrich Velten, in dem Rokokosaal ein kleines Kammertheater einzurichten. Die Familie forderte die Umbauten und stellte noch mehrere Räume dem Theater zur Verfügung. Die Kosten für den Rokokosaal und den Ausbau des früheren Logenraumes zu Wohnzwecken betrugen 7770,72 Mark. Davon fielen für die Dachkonstruktion (Zwischendecke 1970,88 Mark und für Mauer- und Zimmerarbeiten 3357,96 Mark). Die Finanzierung wurde von der Familie Schattenberg übernommen. Am 4. Februar 1950 wurde das Theater eingeweiht, zur Premiere wurde von Lessing „Nathan der Weise“ aufgeführt. Die benötigten Sitzpolsterstühle wurden von Theaterfreunden, pro Stuhl 150 Mark, gespendet. Der Saal ist ideal für kleinere Stücke, die weniger Aufwand haben. Durch die Vergrößerung der Bühne verringerte sich die Stuhlzahl auf 111, darunter ein Stuhl für den Platzanweiser. In dem Jahr der Premiere wurden noch sieben weitere Stücke aufgeführt( z. B. „Der Lügner und die Nonne“, „Alle meine Söhne“, „Der Diener zweier Herren“, „Maria Isabell“, um nur einige zu nennen). Die letzte Aufführung erfolgte am 2. Oktober 1994 mit „Adam und Eva“ in den Kammerspielen. Es waren wohl wirtschaftliche Gründe, die zur Schließung führten. Leider wird dieser schöne Saal heute nicht mehr durch das Theater genutzt. Auch kleine Stücke werden heutzutage im großen Theaterhaus am „Marschlinger Hof“ aufgeführt.

Im Jahre 1954 wurde der große Saal von den Gebr. Schattenberg aus wirtschaftlichen Gründen an das GHG Haushaltswaren Halle vermietet. Natürlich ging dieser Betrieb mit der Inneneinrichtung, besonders mit dem Holzfußboden nicht immer pfleglich um. Durch das undichte Dach konnte Regenwasser eindringen und die Stuckdecke wurde erheblich geschädigt.
In Quedlinburg ist der Saal eigentlich der größte und schönste in der Stadt. Am 1. Januar 1959 wurde das Objekt „Sachsenhof“ an den Staat verkauft. Ob der Verkauf mit oder ohne Druck geschah, kann hier nicht gesagt werden. Man benötigte ein Objekt, ein so genanntes Kulturzentrum. Um den Innenräumen eine moderne Gestaltung zu geben, wurden die schönen Stuckarbeiten bis auf einige Räume (Rokokosaal) beseitigt und umfangreiche Veränderungen getroffen. Die Räume der kleinen Gaststätte blieben vom Umbau weitgehend verschont. Viele Handwerker waren erforderlich, um den Termin zu halten. Auch die damaligen Fachschüler für Gartenbau in Quedlinburg mussten Stuck und Schutt beseitigen. Am 8. Mai. 1959 wurde der „Sachsenhof“ wieder eröffnet und erhielt den neuen Namen „Haus der Werktätigen“. Zum 10. Jahrestag der DDR am 8. Oktober 1959 erhielt das Objekt den Namen „Kulturhaus 10. Jahrestag“. Leider ging beim Umbau des Saales die Akustik verloren. Wahrscheinlich wurde durch die Beseitigung des Stucks und der Rückbau der Logen dieses verursacht. Später löste man teilweise dieses Problem mit großflächigen Stoffverkleidungen. Das Haus wurde auch zur DDR-Zeit für viele Veranstaltungen genutzt, so auch für eine Gartenbauausstellung sowie für Boxveranstaltungen vom Boxverein Traktor Quedlinburg von 1966 bis 1978 und 1999 bis 2002. Zuvor waren diese Veranstaltungen im Stadtsaalbau. Für alle Veranstaltungen musste auch die Sicherheit der Besucher in den Räumen gewährleistet werden. 1973 wurden dazu Pläne erarbeitet, so drei Bestuhlungspläne für Tische und Stühle, Tische ohne Stühle und für Boxveranstaltungen. Federführend war das VPKA (Volkspolizei Kreisamt), Abt. Feuerwehr. Nach der Wende wollten die Gebrüder Schattenberg das Objekt wieder haben, jedoch ohne Erfolg. Durch die Stadt wurden nach der Wende umfangreiche finanzielle Fördermittel in das Haus gesteckt, da zu DDR-Zeit auf Verschleiß gefahren wurde. Die Stadt hat aber später versucht, dieses Objekt zu verkaufen. In der Folgezeit hatte das Haus mehrere Betreiber, unter anderem die „Alte Schützengesellschaft – Corporation von 1281 e.V.“, welche bereits den Saal und einige Nebenräume bewirtschaftete.

Heute wird das Haus durch den Verein zum Erhalt des Kaiserhofes e.V. betrieben und in kleinen Schritten die Räume modernisiert. Ein Nutzungsvertrag mit der Stadt Quedlinburg regelt diese Verwaltung.
Im Jahr 2022 wurde die Restaurierung der Außenfassade des Vorderhauses nach historischem Vorbild durch die Werkstätten für Denkmalpflege GmbH Quedlinburg fertiggestellt. Hierbei konnten Zierelemente vollständig wiederhergestellt werden, welche zu DDR-Zeiten entfernt wurden. Des weiteren wurden die Fenster und Außentüren vollständig restauriert.

Autor: Hasso Storbeck, Quedlinburg; mit aktuellen Ergänzungen durch den Verein zum Erhalt des Kaiserhofes e.V.